Geschäftsmodell-Innovation: Königsdisziplin für das Management
1959 führte Xerox das Fotokopierer-Leasing ein. Das Leasing der damals für viele Unternehmen fast unerschwinglichen Kopiergeräte war die eine, das damit verbundene Pro-Kopie-Bezahlsystem die zweite Innovation. Zwei Meilensteine in der Geschichte der Bürotechnik.
Das Problem: die Umwelt verändert sich rasant
Die heutige Welt verändert sich viel stärker und viel schneller als alle Experten dies vorausgesehen haben. Vielzitiertes Paradebeispiel für eine Fehlprognose ist Kodak: man schätzte das Potenzial der Digital-Kameras auf 5% Marktanteil, gegenüber analogen Kameras mit 95%. Wir alle wissen: Es kam genau umgekehrt. Und noch dazu in rasender Geschwindigkeit.
Was bedeutet das?
Unternehmen müssen nicht nur ihre Produkte und Dienstleistungen regelmässig auf den Prüfstand stellen. Sondern auch ihr komplettes Geschäftsmodell.
Im Rahmen ihres Innovations-Managements haben viele Unternehmen Prozesse entwickelt, mit deren Hilfe sie systematisch immer wieder bahnbrechende neue Produkte entwickeln und erfolgreich auf den Markt bringen. Den meisten Unternehmen fehlt dieses Innovations-Knowhow jedoch auf Ebene Geschäftsmodell.
Die Antwort: Geschäftsmodell-Innovation
Geschäftsmodell-Innovation ist im Prinzip nichts Neues: Auch die Einführung des Fotokopierer-Leasings durch Xerox oder die Erfindung der Kreditkarte waren Innovationen, die zu einem neuen, lukrativen Geschäftsmodell führten. Dazu kommt, dass Innovationen oft «nur» Variationen von Angeboten sind, die bereits existieren.
Gemäss Prof. Dr. Oliver Gassmann vom Lehrstuhl für Innovationsmanagement der Universität St. Gallen sind 90 Prozent aller «neuen» Geschäftsmodelle nicht wirklich neu, sondern basieren auf bestehenden Mustern, die erfolgreich in andere Märkte oder Industrien transferiert wurden. Neu ist jedoch die Geschwindigkeit, mit der innovative Geschäftsmodelle eine Branche umkrempeln – und das Ausmass der Veränderungen.
Das Buch 'Business Model Generation' von Alex Osterwalder ist nicht grundlos einer der grossen Bestseller unserer Zeit. Und wer in der Lage ist, ein wenig über den Tellerrand hinauszuschauen, kann zudem viel lernen von anderen Unternehmen aus anderen Branchen…

Eines ist klar: Geschäftsmodell-Innovation kann nicht delegiert werden – sie ist Chefsache. Das Top Management muss wissen, wie das Unternehmen in zwei oder fünf Jahren aussehen wird. Um sicherzustellen, dass es auch dann noch zu den relevanten Playern im Markt gehört.
Wie funktioniert Geschäftsmodell-Innovation?
Es gibt durchaus Prozesse, um Geschäftsmodelle gezielt zu hinterfragen und zu innovieren. Und damit ist Geschäftsmodell-Innovation kein Privileg für einige wenige geniale Unternehmen, sondern kann – wie Produkt-Innovation – systematisch betrieben werden.
Folgende zwei «Zutaten» brauchen Sie dazu:
1) Eine Prise Paranoia: Die Eckpfeiler des heutigen Erfolgs sind regelmässig zu hinterfragen, selbst wenn noch gute Gewinne erzielt werden. Der unternehmerische Untergang sollte stets als realistisches Szenario in Betracht gezogen werden.
«It is crucial to question the pillars of today’s success and mentally prepare yourself for your company’s demise, even if it’s doing famously right now.» Steve Jobs
2) Impulse von aussen: Denn sogar kreative und visionäre Manager schaffen es kaum, die Logik ihres angestammten Geschäfts zu durchbrechen. Mentale Barrieren blockieren die Entwicklung neuer – oder zumindest branchenneuer – Ideen.
Bezeichnend dafür ist, dass die meisten Geschäftsmodell-Innovationen – man denke an Uber, Airbnb oder auch PayPal – von branchenfremden Köpfen kommen. Daher ist es empfehlenswert, externe Experten einzubeziehen, die einen neutralen und unvoreingenommenen Blick auf ein Unternehmen werfen können – und dazu beitragen, aus der Herausforderung Digitalisierung die Chance Digitalisierung zu machen!